Stadtrat verweigert Debatte zum Antrag "Gera-Stadt des Friedens"
Der Stadtrat hat heute mit Mehrheit beschlossen, den Antrag der Fraktion Die Linke "Gera-Stadt des Friedens", nicht auf die Tagesordnung zu setzen und damit auch nicht inhaltlich zu behandeln.
Einer der Beschlusspunkte lautete "In städtischen Veröffentlichungen sowie auf Flächen und in Liegenschaften, die sich im Eigentum oder in der Verwaltung der Stadt Gera befinden, wird auf Werbung für Wehrpflicht, Wehrdienst sowie die Rüstungsindustrie grundsätzlich verzichtet. Dies gilt insbesondere für Print- und Digitalmedien der Stadt, Plakatflächen, Veranstaltungen, Fahrzeuge sowie öffentlich zugängliche Bereiche."
Hintergrund des Antrages war es, das es in zunehmendem Maß eine Verschiebung des öffentlichen Diskurses gibt: Werbung für Aufrüstung, „Kriegsfähigkeit“ und militärische Stärke tritt zunehmend an die Stelle ziviler Konfliktlösung und friedenspolitischer Perspektiven.
Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr vermittelt – insbesondere jungen Menschen – ein Bild von Militäreinsätzen als normale und alternativlose Realität. Diese Entwicklung widerspricht aus unserer Sicht dem Geist des Grundgesetzes, insbesondere dem darin verankerten Friedensgebot.
Eine demokratische und offene Gesellschaft braucht keine Normalisierung militärischer Logik, sondern die Stärkung von Diplomatie, internationaler Zusammenarbeit und zivilgesellschaftlichem Engagement. Gerade Kommunen, die für das tägliche Zusammenleben der Menschen Verantwortung tragen, sind aufgerufen, sich klar für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung zu positionieren. Gera kann und sollte mit gutem Beispiel vorangehen.
In einem Statement der Fraktion FÜR den Antrag betonte Andreas Schubert:
"Entgegen der Auffassung der Rechtsaufsicht - die übrigens bei anderen Themen hier im Stadtrat wiederholt in Frage gestellt wurde - bin ich der Überzeugung, dass wir hier explizit kommunalpolitische Handlungskompetenz zur Abstimmung stellen.
Laut Rechtsauffassung der Stadt wurzelt die Frage der Werbung bzw. ihrer Untersagung nicht in der örtlichen Gemeinschaft der Stadt Gera. Zudem hat die Werbung auf dem Gebiet der Stadt Gera keinen spezifischen, die Stadt Gera betreffenden Bezug. Die Stadt Gera ist von der in Rede stehenden Werbung nicht mehr und nicht weniger betroffen als andere Kommunen.
Die gleiche Frage stellt sich bei städtischen Festen wie dem Höhlerfest, dem Hofwiesenparkfest, oder auch der Berufsmesse im KuK - das widerspricht dem Geist einer Stadt des Friedens - so wie wir als Linke die Zukunft von Gera sehen.
Es geht ganz konkret um die Fragen - müssen Geraer Schulkinder auf dem Schulweg eine Bahn oder einen Bus nutzen, wo der Soldatenberuf verherrlicht wird, wo mit Haushaltsmitteln nicht etwa für fehlende Ärzte, Lehrer oder Polizisten geworben wird, sondern für eine Bundeswehr, die zunehmend zu einer international agierenden Interventionsarmee umgebaut wird?
Aber am besten belegt wird doch die Absurdität der Argumentation, dass vor wenigen Monaten in Erfurt ein ähnlicher Antrag wie unserer, beraten und mehrheitlich abgelehnt wurde.
In welcher Stadt wollen wir leben? Ich will in einer Stadt des Friedens leben, in der junge Menschen als Ärzte, Lehrer oder Polizisten geworben werden, nicht für den Armeedienst, nicht für immer mehr Rüstungsausgaben, die uns die Ressourcen stehlen, die heute schon überall zu knapp sind."
